DER KLIMAPOSITIVE GARTEN - EIN WEG ZUR OPTIMIERTEN CO2-BILANZ
Der Klimawandel stellt die größte Herausforderung der Menschheit dar und ist die entscheidende Aufgabe unserer Zeit. Die Erderwärmung kann nicht rückgängig gemacht werden. Allerdings ist es möglich, den Prozess zu verlangsamen und die Auswirkungen zu begrenzen. Seit drei Generationen baut Garten Reichl aus Bad Wiessee, Partnerunternehmen des Home Concept Tegernsee, private Gärten und begrünt öffentliche Flächen mit fachlichem Know-How und Feingefühl für Mensch und Umwelt.
Wir haben Stefan Reichl, einen der Firmeninhaber, und seinen Mitarbeiter Marius Nowak, dem Spezialisten für Nachhaltigkeit und C02-Fußabdruck im Team, gefragt, was der Klimawandel schon jetzt für Auswirkungen auf unsere Natur hat und welchen Beitrag jeder Gartenbesitzer leisten kann:
Herr Reichl, zusammen mit Ihrem Vater und Ihrem Bruder Ludwig stellen Sie sich fachlich dem Klimawandel entgegen. Welche Aspekte bezüglich Nachhaltigkeit sollten bei der Neuanlage eines Gartens berücksichtigt werden?
Speziell bei Hanglagen oder dort, wo sich die Optik des Gartens stark verändern soll, hat man viel Erdbewegung. Dafür sind immer Nutzmaschinen und LKWs mit einem großen Spritverbrauch notwendig. Mit einer vorausschauenden Planung kann der Dieselverbrauch pro Kubikmeter stark reduziert werden. Wenig An- und Abfahrten von Material und die Modellierung des Gartens mit der vorhandenen Erde wirken sich ebenfalls positiv auf die CO2-Bilanz aus. Sickerfähige Pflasterflächen, wie beispielsweise das Rasenfugenpflaster mit einem wasserdurchlässigen Unterbau, unterstützen den natürlichen Wasserkeislauf und entlasten damit Kanalisation und Kläranlagen. Mit Zisternen, Teichen oder Regenfässern können Speicherkapazitäten geschaffen werden, um das gesammelte Regenwasser wieder für den Garten oder auch für das Haus nutzen zu können. Außerdem können Gärten mit Hügeln und Senken angelegt werden, in denen sich das Niederschlagswasser sammeln und vor Ort versickern kann.
Was empfehlen Sie Ihren Kunden, damit sie die Schäden von trockenen und heißen Sommern oder Starkregen in ihren Gärten und Grünflächen mildern können?
Trockenheit ist das große Thema, das uns immer mehr beherrscht. Bei der Gestaltung von Gärten und Freiflächen ist die richtige Pflanzenauswahl von Anfang an wichtig. Darum empfehlen wir standortangepasste Pflanzen, die stressresistent gegen Trockenheit sind und gleichzeitig den Winterfrost in unseren Gefilden aushalten. Auch sollte der Garten in großen Teilen möglichst pflegeleicht sein, denn je öfter ich beispielsweise den Rasen mähe, desto mehr Wasser braucht er für den Wachstumsschub. Eine stressresistente Wiese kommt mit wenig Wasser aus.
Große Bäume spenden Schatten und kühlen. Sträucher und Kleingehölze nutzen den Raum darunter und kühlen ebenfalls die Umgebung. Stauden und Bodendecker profitieren durch die schattige Lage und erzeugen ein eigenes Kleinklima. Stellt sich der Garten heißen Sommertagen mit einer dichten Bepflanzung und wenig offenen Bodenflächen entgegen, dann verdunstet weniger Wasser und er speichert die wertvolle Feuchtigkeit im Boden.
Für das andere Problem, wenn bei hohem Niederschlag und Starkregen zu viel Wasser vorhanden ist, lassen sich Rückhaltemöglichkeiten für die Wassermassen schaffen. Das ist meistens mit baulichen Maßnahmen umzusetzen, am besten gleich bei der Neuanlage der Fläche. Aber auch in einem Bestandsgarten gibt es genügend Möglichkeiten, um den Spagat zwischen Trockenheit und kurzen heftigen Niederschlägen zu bewältigen.
Wenn man das alles umsetzt, sehen aber die Außenanlagen anders aus, wie sich das der Kunde wahrscheinlich am Anfang vorgestellt hat, oder?
Die Kunden bekommen oft schon Vorgaben von Gemeinden und Landratsämtern, dass sie Rückhaltemöglichkeiten bauen müssen. Manchmal wird ihnen das aber erst bewusst, wenn wir anhand dieser Vorgaben ihre Außenanlagen planen. Andererseits haben wir aber auch viele Kunden, die sich selbst schon Gedanken darüber gemacht haben, wie man dem Klimawandel auf dem eigenen Grundstück begegnen kann.
Im Moment ist das Leitungswasser noch so günstig, dass der Bau einer Zisterne im Vergleich dazu noch sehr teuer erscheinen mag. Vermutlich wird sich dieser Fakt in den nächsten zehn Jahren zugunsten einer sparsameren und effizienteren Bauweise verändern.
Der Bau eines Gebäudes zählt bisher zu den großen Klimasünden. Die Baubranche hat einen extrem hohen Ressourcenverbrauch und recycelt nur schlecht. Hier findet allerdings ein Umdenken statt. Herr Nowak, lassen sich diese Maßnahmen auch auf den Bau eines Gartens übertragen?
Ja, mit einer guten Planung lässt sich der CO2-Fußabdruck gerade rund um das Thema Boden und Erden gewaltig verringern. Viele Stoffe können mittlerweile auf der Baustelle recycelt werden, indem man beispielsweise den Betonbruch als Unterbau für Beläge verwendet. Siebt man den vorhandenen Oberboden und mischt Mineralien und andere Stoffe hinzu, stellt man sogar gutes Bodensubstrat direkt auf der Baustelle her. Bei der Materialauswahl von Pflasterbelägen wird zwischen Natur- und Betonstein unterschieden. Naturstein hat einen geringeren CO2-Verbrauch als Betonstein. Letzterer verbraucht bei der Herstellung für den benötigten Zement sehr viel Energie. Naturstein kann auch wiederverwertet werden. Je öfter man ihn benutzt, desto besser ist es für das Klima. Auch auf die Transportwege sollte geachtet werden! Verwendet man hier regionale Produkte, wie beispielsweise Granit aus dem Bayerischen Wald, anstatt Pandant aus der Türkei oder China zu importieren, kann man sehr viel CO2 einsparen.
Woher bekommen Ihre Kunden Informationen zur Herkunft des gewünschten Natursteines?
Über das Thema nachhaltige Auswahl der Materialien informieren wir schon in der Angebotsphase. Oft ist der Erstwunsch des Kunden ein günstiger chinesischer Granit und weniger der hochpreisigere, aber nachhaltigere Bayerwald Granit oder italienische Porphyr. Wir bieten die nachhaltigeren Natursteine als Alternativen an. So kann sich der Kunde bereits bei unserem Angebot mit diesem Aspekt beschäftigen. Er hat dann eine konkrete Angabe, welchen Mehrbetrag er investieren muss, um für den Bau seiner Außenanlage eine bessere CO2-Bilanz zu erreichen.
Also hat sich der Kunde zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme mit der Nachhaltigkeit eines Natursteins in der Regel noch nicht auseinandergesetzt?
Das ist richtig. Wir merken aber seit zwei bis drei Jahren verstärkt, dass unsere Informationen über Herkunft und Transportwege und damit einhergehend den Grad der Nachhaltigkeit eines Natursteins, für unsere Kunden zu einer wichtigen Grundlage ihres Entscheidungsprozesses geworden sind.
Herr Reichl, welche nachhaltigen Materialien können beim Bau bzw. der Sanierung einer Gartenanlage noch eingesetzt werden?
Holz als nachwachsender Rohstoff ist für Terrassenbeläge, Sichtschutzelemente, Gartenlauben und Rankgitter hervorragend geeignet. Hier setzen wir stark auf europäische Hölzer. Je regionaler, desto besser. Das Holz mit der besten Klimabilanz in unserer Region ist die europäische Lärche, die aus Österreich kommt. Tropenhölzer bieten wir nur noch auf ausdrücklichen Wunsch eines Kunden an. Heimische Alternativen zu Teak oder Bangkirai sind die europäische Douglasie oder die Robinie.
Haben regionale Hölzer bei Bodenbelägen nicht den Nachteil der geringeren Haltbarkeit?
Grundsätzlich schon, allerdings wurden mittlerweile Behandlungsmethoden entwickelt, die das Holz widerstandsfähiger machen. Durch eine thermische Behandlung wird heimisches Holz, wie beispielsweise die Esche, so haltbar gemacht, dass sie von der Langlebigkeit mit Tropenhölzern mithalten kann. So überdauert der Terrassenbelag nicht nur 5 oder 10, sondern 15 bis 20 Jahre. Und der ganze Verarbeitungsprozess ist nachhaltig, weil die regional verfügbare Esche hier in der Gegend geschlagen, verarbeitet und dann thermisch behandelt wird.
Bäume werden vom Klimawandel ganz besonders in Mitleidenschaft gezogen. Durch anhaltenden Trockenheit werden sie geschwächt und Baumschädlinge haben dadurch ein leichtes Spiel. Welche Baumarten empfehlen Sie Ihren Kunden im Voralpenraum?
Je nach Größe und Lage des Gartens gibt es eine ganze Reihe von zukunftsfähigen Bäumen. So kann jeder mit der richtigen Auswahl seiner Bäume einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten.
Damit die Bäume eine reelle Anwachs-Chance haben, sollten sie auch gute Klimabäume sein. Das heißt, die Bäume sollten mit den lokalen Folgen des Klimawandels gut klarkommen. Sie müssen Trockenheit, Hitze, Starkregen und Frost aushalten und auch durch den Klimawandel eingeschleppte Krankheiten und Schädlinge überstehen können.
Zu den Klimabäumen im Alpenraum zählen besonders Ahornarten, also Feldahorn, Spitzahorn und der Bergahorn in den höheren Lagen. Bei diversen wissenschaftlichen Versuchen haben sich diese Ahornarten als besonders widerstandsfähig gegenüber Klimaveränderungen gezeigt.
Dann gehört auch die Amelanchie dazu, die wunderschön weiß blühende Kupferfelsenbirne, mit essbaren Beeren im Spätsommer und einer herrlich gelb-orange-roten Färbung der Blätter im Herbst,
Als drittes Beispiel ist noch die Kornel-Kirsche zu nennen. Auch sie ist hitzeverträglich und frosthart. An den Boden stellt sie keine Ansprüche und wurzelt in nahezu jedem Untergrund. Eine unkomplizierte Pflanze, die Insekten und Vögeln gleichermaßen Nutzen bietet.
Welche weiteren Maßnahmen tragen noch zur Klimaneutralität bei? Und ist es auch möglich, einen Garten klimapositiv zu gestalten?
Hier muss zwischen dem Bau und dem Unterhalt eines Gartens unterschieden werden. Während einer Neuanlage eines Gartens fällt sehr viel CO2 in Form von Abgasen von Verbrennungsmotoren an. Unser Bestreben ist es, zukünftig unsere Arbeiten mit rein elektrischen Arbeitsgeräten von der Pritsche über den elektischen Bagger bis zum Radlader, anbieten zu können. Abgesehen von der Abgasbelastung verursachen elektrische Geräte auch deutlich weniger Lärm, was für Menschen und Umwelt gleichermaßen angenehm ist.
Die meisten unserer Kleingeräte funktionieren bereits elektrisch und so werden wir künftig in der Lage sein, die Gartenpflege in Kombination mit dem grünen Ökostrom unseres Stromanbieters klimaneutral zu gestalten.
Ein klimapositiver Garten kann über eine naturnahe Bepflanzung erreicht werden. Voraussetzung dafür sind eine Menge an Pflanzen, die möglichst viel CO2 binden können. Erreichen kann man das auf keinen Fall mit einem kurz geschorenen Rasen, da dieser eine schlechte CO2-Bilanz aufweist.
Wollen die Kunden das dann auch wirklich? Der englische Rasen prägt doch unsere Gärten seit den 50er Jahren!
Das ist tatsächlich ein schwieriges Thema. Vor ein paar Jahren hätte durch die Blumenwiese eine Trendwende eingeleitet werden können. Man sieht sie überall auf den öffentlichen Flächen, darum wollten Kunden sie auch gerne für ihren eigenen Garten haben. Anfangs war die Akzeptanz groß, aber mit der Zeit hat diese nachgelassen. Eine Blumenwiese sollte man nach Möglichkeit nicht betreten und übers Jahr gesehen ist sie auch nicht immer schön anzusehen. Manche Gartennutzer stellen dies aber erst nach 1 bis 2 Jahren fest und entwickeln die Wiesenflächen dann wieder zu normalen Rasenflächen zurück.
Es gibt aber einen anderen Weg, zu einem klimapositiven Garten zu kommen, indem man mehr Flächen für Stauden und Gehölze anlegt. Sie sind zwar arbeitsintensiver und pflegebedürftiger als eine Rasenfläche, durch ihre Blattmasse können sie aber mehr CO2 umsetzen und sind insektenfreundlicher. Je grösser die Pflanzen werden, desto mehr CO2 können sie binden. Auf die Lebensdauer von beispielsweise einem großen Baum wird über 50 oder 100 Jahre viel CO2 gesammelt und damit die Klimabilanz nachträglich positiv beeinflusst.
Auch der eigene Kompost trägt einen Teil zum klimapositiven Garten bei. Wenn man diesen zuhause umsetzt werden die Garten- und viele Küchenabfälle umweltfreundlich entsorgt und die Nährstoffe für Beete, Stauden und Bäume auf dem eigenen Grundstück belassen.
Was möchten Sie Ihren Kunden noch mit auf den Weg geben, Herr Reichl?
Wir haben hier viele Maßnahmen besprochen, die zu einem sparsameren und effizienteren Bau einer Gartenanlage führen. Mit einer vorausschauenden Planung werden Kosten und Aufwand eingespart. Auch das fällt für die Erstellung eines klimapositiven Gartens ins Gewicht. Außerdem können Hitze- und Starkregenperioden besser abgefangen werden und gespeichertes Regenwasser nutzbar gemacht werden.
Mein persönlicher Tipp ist es, bei Wanderungen und Ausflügen genauer hinzuschauen, wie die Natur sich selbst im Gleichgewicht hält. Hieraus kann man durchaus Ideen und Inspirationen finden, was sich vielleicht auch im eigenen Garten umsetzen lässt!
Text: Stefanie Fritz - Copyright/2022/StefanieFritz/Allrightsreserved | Bildrechte: Lydia Bauer / UnSplash / iStock / Statista / Umwelt Bundesa
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