KOMPETENZZENTRUM FÜR BAUEN UND WOHNEN

 



SLOW LIVING - MODERNES WOHNEN MIT MEHR ACHTSAMKEIT

Die vergangenen Jahre haben die Menschen weltweit vor neue, ungeahnte Herausvorderungen gestellt. Gesellschaftliche, politische und technische Entwicklungen setzen fortwährend neue Maßstäbe. Unser beruflicher und privater Alltag ist schnelllebig und ständig prasseln neue Trends auf uns ein. All das führt dazu, dass unser Zuhause einen immer höheren Stellenwert für uns hat. Darum ist es wichtig, dass wir uns in unseren eigenen vier Wänden wohl und geborgen fühlen, dass diese zu einem geschützten Raum für uns werden, als Rückzugsort aus dem oft stressigen Alltagsgeschehen und als Treffpunkt für Familie und Freunde.

Stefanie Fritz, Initiatorin und Partnerin des Home Concept Tegernsee, entwirft mit ihrem Planungsbüro STUDIO5 Interior Design professionell und einfühlsam private Räumlichkeiten und lässt diese für ihre Kunden Realität werden. Hierbei geht sie intensiv auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Auftraggeber ein, ohne dabei Zeitgeist und Funktionalität außer Acht zu lassen.

Ein Trend wenn es um Einrichten und Wohnen geht ist "Mindful Living", besser bekannt unter dem Begriff "Slow Living". Was das genau heißt und was es für die Gestaltung unseres Zuhauses bedeutet, haben wir mit Stefanie Fritz in unserem aktuellen Interview besprochen.

Frau Fritz, Ihr Planungsbüro STUDIO 5 Interior Design ist ein noch relativ junges Unternehmen. Wie kam es dazu, dass Sie sich selbständig gemacht haben und wie hat sich Ihr Unternehmen seit der Gründung vor 5 Jahren entwickelt?

Stefanie Fritz

Im Interieur Bereich bin ich schon seit rund 20 Jahren tätig. Ich habe Innenarchitektur studiert, habe in Einrichtungshäusern und für Architekten und Innenarchitekturbüros gearbeitet. Der Umgang mit den unterschiedlichsten Menschen und die vielseitigen Aufgaben, die mir gestellt werden, haben mich in meinem Beruf schon immer begeistert. Aber ich habe auch Verantwortung als alleinerziehende Mutter, daher kam für mich eine Selbständigkeit lange nicht in Frage. Nachdem mein Sohn alt genug war, war es für mich eine logische Konsequenz, mich auf eigene Füße zu stellen und mein eigenes Interior Design-Büro zu eröffnen.

Und das war auf jeden Fall die richtige Entscheidung, denn ich liebe was ich tue und offensichtlich geht es meinen Auftraggebern ebenso, denn es entwickelt sich sehr gut. Ich wachse. Mit meinem Büro und mit meinen Aufgaben und es werden großartige, spannende Projekte an mich herangetragen.

In vielen Bereichen unseres Lebens ändert sich unser Bewusstsein. Wir sprechen von Achtsamkeit und Entschleunigung. Der Begriff "Slow" findet sich überall wieder: Slow Culture, Slow Fashion, Slow Travel, ...  Trifft das auch auf den Bereich Interior Design zu?

Ja, das trifft in jedem Fall auch auf den Bereich Interior Design zu! Hierbei geht es hauptsächlich um achtsames Wohnen und bewusstes Einrichten. Das ist meines Erachtens ein anhaltender und zukunftsweisender Trend im Hinblick auf Ressourcenschonung und eine Welt, die sich gefühlt immer schneller dreht.

Think with Google - Slow Living

Wobei man sagen muss, dass die SLOW-Philosophie nicht neu ist. Sie ist im Food-Bereich schon in den 90er Jahren entstanden. "Slow Food" ist damals als Gegenbewegung zum Fast Food entstanden und hat nicht nur etwas mit Verlangsamung zu tun. Die Buchstaben S L O W stehen für die Begriffe "sustainable", "local", "organic" und "whole". Also nachhaltig, regional, organisch und ganzheitlich. Es ist eine Zeitgeist-Bewegung, die man schon sehr viel länger beobachten kann als jetzt, wo sie in aller Munde ist.

Für mich als Interior Designerin bedeutet das, das eine möglichst natürliche Beschaffenheit der Materialien und Produkte, die ich verwende, eine große Rolle spielen, ebenso wie Regionalität oder Energieeffizienz. Es ist den Menschen wichtiger geworden, wie sie wohnen. Die Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die Energiekriese haben dazu sicherlich ihren Beitrag geleistet. Meine Kunden wünschen sich, dass ich bei der Planung und Umsetzung nicht nur Design und Funktionalität berücksichtige. Auch die vorgenannten Kriterien müssen einfließen.

Was müssen Sie als Interior Designerin in Zeiten beachten, in denen das eigene Zuhause einen immer höheren Stellenwert bekommt?

Grundsätzlich besteht meine Aufgabe darin, Räume zu gestalten und den zur Verfügung stehenden Platz optimal zu nutzen. Hierzu entwickle ich Grundrisse, erstelle Farb- und Materialkonzepte, suche Produkte aus und präsentiere all das meinem Kunden. Meine Auftraggeber möchten sich in den eigenen vier Wänden wiederfinden, sich dort wohlfühlen und auch einen gewissen Komfort genießen. Das Gesamtkonzept muss den individuellen Geschmack des Kunden treffen und die persönlichen Wohnvorstellungen widerspiegeln. 

Haben Sie dazu Beispiele von Kunden? Diese sind wahrscheinlich sehr unterschiedlich?

Die Kundenwünsche, die an mich herangetragen und die Aufgaben, die mir gestellt werden, sind in der Tat sehr individuell. Manche lieben Farben und Muster, manche wünschen eine dezente Farb- und Materialsprache. Für den einen bedeutet "Slow Living", dass sein Zuhause smart gesteuert ist, so dass viele Bereiche per App oder mit Sprachsteuerung zu bedienen sind. Andere möchten, dass der Outdoorbereich so gestaltet wird, dass er sich zum Wohnraum hinzuaddiert und die Natur den Lebensraum erweitert.

Die meisten Menschen machen sich bewusst Gedanken über ihr zu Hause und jeder Kunde setzt unterschiedliche Wertigkeiten für die einzelnen Bereiche an.

Allerdings ist eine nachhaltige und zukunftsorientierte Ausstattung, wie zum Beispiel eine zeitgemäße Design-Küche mit smartgesteuerten Geräten und einem Wasserhahn, der zusätzlich zur Standartfunktion auch noch kochendes und sprudelndes Wasser bereithält, nicht billig. Daher rate ich meinen Kunden, das eigene Konsumverhalten zu überdenken, wenn es um ihr Zuhause geht: weg von der Quantität hin zur Qualität. Immerhin geht es um den privaten Lebensraum. Hier sollte, auch aufgrund der Wohngesundheit, ein hoher Anspruch bei der Wahl der Materialien und Produkte maßgebend sein. Man richtet sich ja auch nicht jedes Jahr neu ein und so ist auch die Langlebigkeit des Designs und der verwendeten Materialien ein ausschlaggebendes Argument. Im besten Fall entscheidet man sich auch noch für möglichst regionale Produkte und ortsansässige Handwerksbetriebe.

Ihre Kunden sind also bereit, höhere Summen in ihr Zuhause zu investieren. Welche Bedeutung hat denn das eigene Zuhause für sie?

Auch das ist sehr unterschiedlich. Für den einen ist sein Zuhause ein Statussymbol, für den anderen ist es ein privater Rückzugsort, der ihn nach seinem anstrengenden Arbeitstag empfängt und wo er mit seiner Familie zusammen sein kann. Ein Zuhause ist immer mit vielen Emotionen verbunden. Es ist ein Ort, an den man immer wieder zurückkommt. Quasi eine Basis des eigenen Lebens. Manch einer füllt diesen Raum mit Freunden oder Geschäftspartnern, dann muss es repräsentativer gestaltet sein. Für viele Menschen ist das eigene Zuhause das Fundament für die Familie. Es ist ein sehr persönlicher Ort. Auch das muss sich in Design und Ausführung widerspiegeln.

Außerdem haben die einzelnen Bereiche innerhalb eines Hauses oder einer Wohnung einen unterschiedlichen Stellenwert. Vor allem die Küche ist zu einem repräsentativen und kommunikativen Ort geworden. Sie ist heutzutage in den meisten Fällen offen zum Ess- und Wohnbereich hin. Dadurch wird sie zum geselligen Mittelpunkt, sowohl wenn ich Geschäftskunden oder Freunde eingeladen habe, als auch wenn ich mit meiner Familie zusammen bin. Gleichzeitig steigen hier die Anforderungen an Design, Funktionalität und Technik. Zudem ist die Wertschätzung, was Essen und Essensgerüche angeht, eine andere geworden. Wir ernähren uns bewusster und gesünder. Es wird nur selten die Fritteuse benutzt, die unangenehme Fettgerüche verbreitet. Mit unseren veränderten Essgewohnheiten empfinden wir die Kochgerüche eher als angenehm. So verbindet sich „Slow Living“ mit „Slow Food“, was ja auch durchaus Sinn macht, wenn man es in der Gesamtheit betrachtet.

 Ein nach wie vor sehr intimer Bereich sind Schlaf-, Ankleide- und Badezimmer. Wenn wir von Entschleunigung sprechen bekommt gerade das Badezimmer einen höheren Stellenwert. Hier wird zunehmend Wert auf den Wohlfühl- und Wellnessfaktor gelegt, zum Beispiel durch eine Jacuzzi-Wanne oder eine Wellness-Dusche. Oder auch eine Sauna, wo diese Platz findet. Stimmungsvolle, aber gleichzeitig funktionale Beleuchtung spielt eine immer größere Rolle. Im technisch-hygienischen Bereich kann ein Dusch-WC einen erhöhten Komfort bieten. Zudem wird dadurch auch die Kanalisation geschont.

Spiegelt das eigene Zuhause eine höhere Wertschätzung wider, von dem was man hat?

Ja, ich glaube schon. Ich empfinde es so und denke, dass das auch bei meinen Kunden einen immer höheren Stellenwert einnimmt und diese zunehmend an materiellen Werten dort investieren. Nach dem Motto: Mein Zuhause soll widerspiegeln, wer ich bin und auch, was ich erreicht habe und mir leisten kann. Gleichzeitig ist das eigene Zuhause Rückzugsort, und Anlaufstelle für die Familie. Auch wenn die Kinder schon aus dem Haus sind ist es doch wunderbar, wenn diese immer wieder gerne nachhause kommen - da spreche ich aus meiner eigenen, glücklichen Erfahrung.

Wie wichtig ist hierbei die Regionalität?

Aufgrund der aktuellen Umwelt- und Wirtschaftsdiskussionen und auch wegen der oft angespannten Liefersituationen gewinnt Regionalität zunehmend an Bedeutung. Zum Beispiel ist die Nachfrage nach einheimischen Holzarten oder Natursteinen deutlich gestiegen. So ist ein italienischer Carrara Marmor durchaus ein regionaleres Produkt als ein brasilianischer Onyx. Es ist immer eine Gradwanderung zwischen Design und Regionalität. Manche Dinge kann ich designmäßig nicht so umsetzen wie ich mir das vorstelle, wenn ich ein regionales Produkt verwende. Es gibt beispielswiese keinen europäischen Naturstein, den man hinterleuchten kann. Oder nehmen wir Teakholz:  Das ist in der Vergangenheit in Verruf geraten, wobei dieses relativ unbedenklich eingesetzt werden kann, wenn man eigens in Plantagen angebautes Teakholz verwendet. Es muss also kein Regenwald mehr flächendeckend abgeholzt werden, aber man muss auf die Herkunftszertifikate achten. Und dann bleibt noch der Transportweg… Das sind alles wichtige Punkte, die man  bei einer nachhaltigen und zeitgemäßen Materialauswahl berücksichtigen sollte.

Ich stoße schon immer wieder an Grenzen in Punkto Regionalität, aber ich versuche trotzdem mein Bestmöglichstes um bewusst zu Handeln und zu Entscheiden. Ich sehe es als eine Art Grundverantwortung! Wir sollten den Wirtschaftsstandort Deutschland neu denken und gewandelt auf die Beine stellen. Dazu gehört auch, dass wir nicht nur den Preis eines Produktes sehen, sondern auch dessen Wert. Man sollte sich Gedanken darüber machen, dass nicht immer der günstigeste Preis entscheidet, sondern auch die Herkunft, die Beschaffenheit oder die längere Haltbarkeit.

Mit Handwerksleistungen verhält sich das ebenso. Der Ansprechpartner vor Ort ist Gold wert, wenn mal etwas repariert werden muss, also sollte man die ursprünglichen Arbeiten auch von ansässigen Betrieben ausführen lassen und Produkte dort beziehen, selbst wenn der Preis höher ist. Zudem sind diese Betriebe ja auch Arbeitgeber und auf diese Weise wird der heimische Wirtschaftsstandort unterstützt. Das ist doch toll! Regionalität und Qualität sind hochpreisig, das ist richtig - aber auch nachhaltig!

Worauf achten Sie bei Ihren Planungen?

Design und Gestaltung sind natürlich maßgebene Punkte in meinen Planungen, schließlich bin ich Interior Designerin. Dabei geht es um das Zusammenspiel von Farben, Materialien und Formen. Ein Gefühl für Räume und Proportionen ist hierfür ebenfalls extrem wichtig. Aber der schönste Raum ist nutzlos, wenn er nicht auch funktioniert. Dafür muss man den Platz, der zur Verfügung steht optimal ausnutzen und Bewegungsabläufe, zum Beispiel in der Küche, berücksichtigen. Funktionalität darf nie unter dem Design leiden und auch nicht andersherum. Also geht es oft darum, den bestmöglichen Kompromiss zu finden. Natürlich ist auch eine recourssenschonende Materialauswahl von Beginn an ein Thema.

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen geht es auch mehr denn je um Energieeffizienz. Unser Alltag wird von immer mehr Stromverbrauchern dominiert, da sollten die Geräte durchaus effizient sein und möglichst wenig Strom verbrauchen. Man kann bei der Beleuchtung beispielsweise mit LED-Technik viel Strom sparen. Wenn man seine Heizung smart steuert, hat das den Vorteil, dass die Heizkörper in den jeweiligen Räumen auf mein persönliches Heizverhalten hin programmiert werden können. Und auch das spart Energie.

Ganz oben auf der Liste, worauf ich bei meinen Planungen achte, stehen allerdings die individuellen Wünsche und Bedürfnisse meiner Kunden.

Was machen Sie eigentlich, um den Geschmack Ihrer Kunden zu treffen?

Dazu finden im Vorfeld intensive Gespräche statt, durch die ich herausfinde, was meinen Kunden gefällt und was für sie in ihrem Zuhause wichtig ist. Wie sieht das persönliche Empfinden von Wohnen aus, also worauf wird Wert gelegt und worauf kann verzichtet werden? Welche Materialien werden favorisiert und welche Farben? Das sind sehr komplexe Themen und es braucht auch ein bisschen Menschenkenntnis um hier auf den Punkt zu kommen - oder besser die Punkte.

Nach diesen Erst- und Beratungsgesprächen geht es darum, das Haus oder die Wohnung planerisch aufzuteilen und zu gestalten. Vom Grundriss oder den Anschlüssen her ist ja oft schon klar, wo was sein wird - aber wie kann ich das unter Umständen noch optimieren?

Jede Aufgabe, die mir gestellt wird ist anders. Badezimmer ist nicht gleich Badezimmer. Wohnzimmer nicht gleich Wohnzimmer. Die Menschen sind verschieden und ihre Vorstellungen von Wohnen ebenfalls. Ich sehe es als positive und spannende Herausforderung, mich mit meinen Kunden auf diese Reise zu begeben. Das ist genau das, was mir unheimlich Spaß macht und das Einfühlungsvermögen und die Präzesion, mit der ich mich den Aufgaben stelle machen mich aus. 

Sie haben gerade von einer Reise gesprochen, die Sie mit Ihren Kunden unternehmen. Wo geht denn die Reise generell hin? Bleibt der Trend von "Slow Living" bestehen oder ist dieser nur vorübergehend?

Aus meiner Sicht ist es kein vorübergehender Trend, weil wir uns in Zeiten befinden, in denen wir uns sehr vielen und sehr komplexen Aufgaben stellen müssen. Das Gefühl von Unsicherheit steigt. Ich bin davon überzeugt,  dass es dadurch immer wichtiger wird einen Rückzugsort zu haben, ein Zuhause, in dem wir uns sicher und geborgen fühlen und in dem wir Energie tanken können, um unseren Alltag zu meistern.

Text: Stefanie Fritz - Copyright/2023/StefanieFritz/Allrightsreserved   |   Bildrechte: Lydia Bauer, Sabine Schreiber, Unsplash

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